Sucht wegen der Angst... Sehr gute Info..........Lest es mal selbst!
- Medikament: Tavor Krankheit: Angststörungen
Ausgangssituation
Bei einem Teil der Menschen mit einer Suchterkrankung besteht zusätzlich eine Angst- und/oder Depressionserkrankung. 25 % der Suchtkranken leiden zusätzlich unter einer Depressionserkrankung, bei 10% kommt eine Angsterkrankung vor (Quelle: eigene Untersuchungen Salusklinik Lindow / R. Cina).
Von den Betroffenen wird diese zusätzliche Erkrankung oft nicht erkannt oder aus Scham tabuisiert. Diagnostik, medizinische und therapeutische Hilfen können dann nicht greifen.
Und die Erfahrungen der Praxis zeigen, dass sich für diesen Personenkreis auch das Modell der klassischen Sucht- Selbsthilfegruppe weniger gut eignet. Zwar wird das Thema Sucht hier thematisiert, die zusätzlichen Themen Angst und Depression überfordern jedoch die Gruppe und werden daher von Betroffenen oft nicht angesprochen.
Zum Verständnis: Was sind die Zusammenhänge zwischen Sucht, Angst und Depressionen?
Oft bedingen sich Sucht und Depression. Süchtige greifen zu Suchtmitteln, um ihre Depression zu therapieren, und der Suchtmittelkonsum macht durch seine schädigende Wirkung selbst depressiv. Drogen reduzieren das Bewusstsein und wirken somit schmerzlindernd - nicht nur im körperlichen, sondern auch im psychischen Sinne. Besonders Alkohol wirkt stark dämpfend, baut Ängste und Barrieren ab, enthemmt und wirkt (anfangs) sexuell stimulierend. Eine Depression aber schafft Defizite in genau diesen Bereichen: Sie macht kontaktscheu, lustlos und müde, sie verringert das Selbstwertgefühl und das Verlangen nach Sex. Es ist also nicht verwunderlich, dass Alkohol die bevorzugte Droge vieler Menschen mit Angststörungen ist.
Depressionen führen dazu, dass der Serotoninspiegel im Hirn sinkt. Da Serotonin für unser Wohlbefinden eine entscheidende Rolle spielt, und Sucht mittel den Serotoninspiegel kurzzeitig anheben, trinken viele Depressive Alkohol, um den Mangelzustand zu beheben. Das ist aber eine 'Milchmädchenrechnung', denn auf längere Sicht sinkt der Serotoninpegel im Hirn durch Alkoholkonsum immer weiter ab.
Rückfälle sind also unter anderem darauf zurückzuführen, dass das Hirn weiter nach stimulierenden Substanzen (z.B. Alkohol) 'verlangt', um den gewohnten Dopaminspiegel wiederherzustellen. Nach Entzug des Alkohols dauert es eine Weile, bis sich der Dopaminhaushalt wieder auf ein Normalmaß eingepegelt hat. Da auch eine Depression direkt auf das Dopaminsystem einwirkt, ist es wichtig, Sucht und Depression gemeinsam zu behandeln.
Auch Depressionen, die scheinbar erst durch den Alkoholkonsum hervorgerufen wurden, müssen behandelt werden. Schließlich wirkt jede Depression über eine Veränderung der Hirnstruktur so massiv auf die Persönlichkeit ein, dass es ohnehin nicht möglich ist, zum psychischen Urzustand 'vor dem Trinken' zurückzukehren. Ein depressiver Mensch ist ein depressiver Mensch, egal, wodurch seine Depressionen ausgelöst wurden.
Beide Erkrankungen - die Sucht und die Depression - müssen schon deshalb parallel behandelt werden, weil sie sich gegenseitig verstärken. Es ist also nicht ausreichend, bei einem depressiven Alkoholiker eine Entgiftung vorzunehmen: In der Entzugsphase nehmen die (unbehandelten) Depressionen extrem zu. Das liegt zum einen daran, dass der Dopamin- und Serotoninspiegel absinken, was an sich schon depressiv macht, zum anderen aber auch daran, dass der depressive Patient nun 'ungeschützt' mit sich selbst konfrontiert ist. Alle die Depression auslösenden und verstärkenden Faktoren drängen nun an die Oberfläche des Bewusstseins, und das zu einem Zeitpunkt, wo die Entgiftung Körper und Psyche ohnehin schon übermäßig stark beansprucht.
Psychotherapie sowie die Behandlung mit Antidepressiva sind daher häufig ratsam. Das setzt jedoch eine genaue Diagnostik voraus und eine Auseinandersetzung der betroffenen Menschen mit beiden Themen, Sucht und Depression, sowie deren Wechselwirkungen und Behandlungsmöglichkeiten. Aber auch Sucht-Selbsthilfegruppen haben in diesem Zusammenhang einen wichtigen Stellenwert. Menschen mit Sucht-Angst-Depressionsproblematik haben oft im Laufe der Erkrankung ihre Partner, Freunde und andere Bezugspersonen verloren, so dass der regelmäßige Besuch einer Gruppe dazu dienen kann, den Teufelskreis von Einsamkeit und Suchtmittelkonsum zu durchbrechen. Die Wiederherstellung eines gesunden Selbstwertgefühls sowie eines tragfähigen sozialen Umfelds erhöht die Chancen für eine langfristige Abstinenz. Die Selbsthilfegruppe bietet eine gute Plattform, wieder in Kontakt zu kommen und sich über mit Leidensgenossen über die eigenen Themen auszutauschen. Wenn es zusätzlich zum Suchtthema auch um Angststörungen und/oder Depressionen geht, sollten Sucht-Selbsthilfegruppen Kontakt zu Ärztinnen oder Kliniken aufnehmen, die Fachkompetenz zu diesen Themen in die Gruppe bringen können und damit Betroffene ermutigen, sich Diagnostik und Behandlung zu unterziehen.
In Neuruppin wird vor diesem Hintergrund seit ca. zwei Jahren mit großem Erfolg in den Selbsthilfegruppen des Lebenssinn e.V. ein Modell erprobt, das ein spezifisches Unterstützungsangebot als Selbsthilfegruppe für Sucht plus Angststörung und/oder Depressionserkrankung bereitstellt. Als ‚Geburtshelfer’ bei diesem Prozess fungierte die Salus Klinik Lindow in Brandenburg, die aufgrund der Fachabteilungen Sucht und Psychosomatik mit den verschiedenen Krankheitsbildern vertraut ist und über reichhaltiges Fach- und Erfahrungswissen verfügt.
Die gelungene Kooperation zwischen Sucht-Selbsthilfe und medizinisch-psychiatrischer Fachkompetenz...
...hat in Neuruppin dazu geführt, dass betroffene Menschen angemessene Unterstützung innerhalb von Selbsthilfegruppen finden und ermutigt werden, sich neben dem Suchtthema diagnostisch und therapeutisch mit ihrer Angst- und/oder Depressionserkrankung auseinanderzusetzen.
Informationen:
Fachverband Drogen und Rauschmittel e.V.
Büro Potsdam, Martina Arndt-Ickert
Tel.: 0331/9678344
Mail an Martina Arndt-Ickert