Frage aus beruflichem Interesse

ArlettKaempf

Frage gestellt am
02.05.2011 um 10:27

Guten Morgen,
ich bin in der JVA Köln berufstätig, und habe somit viel mit Drogenkonsum und soetwas zu tun. Ein Gef., der bei mir als Hafthaus tätig ist, leidet unter massiven Panikattacken und hat, für den Notfall, Atosil im Haftraum. Von unserem Sani`s wurden wir darauf hingewiesen, dass dieses Medikament bei den Drogenabhängigen sehr beliebt sei.
Da wir regelmäßig, gerade bei unseren arbeitenden Gef., Urinkontrollen machen, habe ich eine Frage.
Wenn wir bei dem besagtem Hausarbeiter eine UK durchführen, wird die Probe positiv sein, wenn ich das richtig verstanden habe.
Meine Frage dazu:
Kann man in der UK nachweisen, dass das Ergebniss vom Atolis ist. Also ist es auszuschließen, dass ein Drogenkonsum nicht in Betracht kommt?
Dieser hätte den Verlust des Arbeitsplatzes zur Folge.
Da ein Hausarbeiter eine Vertrauensstellung in der JVA hat, ist es mir wichtig zu wissen, ob mit dem Med. Geschäfte gemacht werden. Dafür müsste man ja nachweisen können, woher diese UK- Werte kommen. Also, noch mal, ist es möglich bei einer normalen UK, wg. Drogenkonsums, zu sagen die Werte sind vom Atolis? Oder sind dafür andere Untersuchungen nötig?
Mit freundlichem Gruß,
Arlett Kämpf.

Patientendaten

Eingetragen durch: JVA- Bedienstete
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5 Antworten:

ArlettKaempf

28.06.2011 18:09

Vom Frage-Steller selbst

Vielen Dank "Benutzer gelöscht"!
Es ist nicht ganz so einfach im Knast, wie man sich das "draußen" vorstellt. Also Mohnkuchen is nicht. Und unterschätzen sollte man die Gefangenen auch nicht. Ich habe in den 10 Jahren, wo ich jetzt dort tätig bin, Dinge gesehen und erlebt, die eine sehr große Phantasie erfordern, um sie sich vor zu stellen. Geschluckt wird vieles aus den unerfindlichsten Gründen. Da ist zum Beispiel Besteck, Rasierklingen, Dessinfektionsmittel und alle Pillen die zu finden oder zu bekommen sind. Da denken die nicht mehr wirklich nach. Die sehen nur noch das Ziel vor Augen. Und um das Ziel zu erreichen, schrecken die vor nichts zurück. Die schneiden sich auch die Pulsadern auf, weil sie kein TV geliehen bekommen, was einfach daran liegt, dass die JVA nicht für jeden Gef. ein Gerät zur Verfügung stellen kann. Die legen auch Feuer in den Zellen, weil sie von der Seelsorge keinen Tabak bekommen. Und so weiter und so weiter. Ich könnte Bücher füllen, könnt Ihr alle glauben, und für die die es nicht tun, glaub ich einfach mit.
Ich bedanke mich trotzdem für die Auskunft, weil ich jedes Hilfsmittel nutzen möchte.
Der Anstaltsarzt ist ne gute Idee, für Außenstehende, und auch naheliegend. Bitte nicht vergessen!
Ich bin in ner dt. Behörde beschäftigt, und Ihr müsst nicht glauben, dass es mir besser geht, als Menschen, die mit einer Behörde zu tun haben.
Einen schönen Tag noch, Arlett.

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Benutzer gelöscht?

18.06.2011 22:24

Also, ich bin Laie auf dem medizinischen Feld, aber ich meine, dass REIN GAR NIX über das Rückenmark abgebaut wird, dafür sind andere "Organe" zuständig.

Analyten sind in der Chemie grundsätzlich Stoffe, die man in einer Probe nachweisen will. Bei einem Drogentest wären dies z.B. THC, Heroin, Kokain, etc. und deren Abbauprodukte. Der erfahrene Arzt sieht genau so wie der unerfahrene Laie das dieses oder jenes (die Analyten), z.B. Promethazin (Atosil ist dann ein Analyt) in dieser oder jenen Konzentration in der Pisse enthalten ist und zwar von dem Zettel der vor ihm liegt, welchen ihm oder ihr das Labor zugesendet haben. Der erfahrene Arzt weiß allerdings dass das Mohn Codein und andere Opiate (Drogen) enthält und fragt deshalb mal lieber nach, ob man vorher Mohnkuchen verspeist hat bevor er einen für einen Drogenkonsumenten hält.

Eine nicht invasive Urinentnahme bedeutet, dass man z.B. vorher keinen Schlauch in den Penis bzw. die Uretha steckt (Dies war ein schlechter Witz), ein Drogenscreening welches invasiv vorgeht ist eine Blutentnahme in welcher die Spritze im Körper steckt, eine Invasion der Nadel unter die Haut.

Nachweiszeiträume sind relativ, THC bleibt nach Schätzung 1-12 Wochen im Urin und Blut, Amphetamin (Speed) ist 4 Tage nach Einnahme meist nicht mehr im Urin nachzuweisen. Neuroleptika, in diesem Fall das Phenotiazin Promethazin (Damit wir auch genug Fremdwörter in diesem Satz verpacken) haben eine relativ kurze Halbwertszeit.

So, und jetzt zur Ausgangsfrage:
Atosil soll in Kombination mit Opioden (Heroin, Methadon und die ganzen Angstmacher) einen gewaltigen Kick auslösen. Der alleinige Konsum von Promethazin wirkt auf die Psyche, deshalb ist es ein Psychopharmakon, deshalb wird es gegen Panikattacken eingesetzt, einfach gesagt. Gegen Panik wirkt Beruhigung. Atosil ist ein Beruhigungsmittel, ein schwaches. Beruhigungsmittel werden missbraucht. Atosil macht nicht körperlich Abhängig und eine psychische Abhängigkeit soll es auch nicht geben.

Atosil kann sehr wahrscheinlich (dass weiß ich nicht) in einem Drogenscreening nachgewiesen und von anderen Drogen unterschieden werden.

Wenn geringe Mengen vom Atosil (also der ominöse geringe Analytenanteil) nachgewiesen werden, sagt dass nichts über einen Substanzmissbrauch aus. Ein Gebrauch wäre zur Beruhigung einer Panikattacke, ein Missbrauch als Gebrauch aus anderen als medizinischen Gründen angezeigt. Eine Probenmanipulation wäre z.B. einfach Wasser in die Probe zu kippen, so dass alles verdünnt wird - ist allerdings eine doofe Manipulation da sie erkannt wird. Für andere Tipps bitte Radsportprofis fragen.

Und warum eigentlich nicht gleich den Arzt der JVA fragen? Das Internet ist ein Riesenansammlung an gefährlichem Halbwissen in dem das vermeintlich Richtige oft falsch ist. Die Situation ist prekär.

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ArlettKaempf

09.05.2011 20:53

Vom Frage-Steller selbst

Liebe Christiane,
vielen Dank für deine Antwort, die mir echt weitergeholfen hat, klasse, es ist nicht einfach Menschen einzuschätzen, und da ich ja nun mit gefangenen Menschen zu tun habe, muss ich immer davon ausgehen, dass Jeder versucht den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen, und jede Gelegenheit nutzt Vorteile zu erhaschen. Ich würde, das ein oder andere Mal, vielleicht nicht anders handeln. Und ich bin der Meinung, dass vor mir immer noch ein Mensch steht, der in erster Linie keinen Grund hat mir Blödsinn zu erzählen. Da ich nicht für die, Bestrafung an Sich, nicht verantwortlich bin, sondern der Richter. Also, noch mal danke und einen schönen Tag.

Lieben Gruß
Arlett.

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Benutzer gelöscht?

02.05.2011 19:13

Das nenne ich mal eine Antwort! Wenn das hier nur immer so wäre.......

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Benutzer gelöscht?

02.05.2011 11:46

Hallo,
diese Frage ist eine sehr gute und berechtigte! Atosil (promethazin) ist keine Rauschsubstanz und wird über das Rückenmark abgebaut, nicht über die Leber! Es gibt dennoch leichte Analytenauffälligkeiten im Urin, doch ein erfahrener Arzt weiß dieses zu diagnostizieren. Manche Lebensmittel die Mohn enthalten oder Codein gegen Schmerzen verursachen diese Werte auch. Die Analyse wird folgender Maaßen bestimmt:
■ Urin, Spontanurin
+
• nicht invasiv
+
• hohe Konzentrationen der Analyten
+
• lange Nachweiszeiträume

• Probenmanipulation möglich

• Rückschluss auf pharmakologische Beeinflussung schwierig
Spontanurin ohne Zusätze
ggf. kühl und dunkel lagern
möglichst nah zum Missbrauchszeitpunkt entnehmen
keine Nahrungsmittel, in denen Mohnsamen enthalten sind
keine codeinhaltigen Medikamente

Im Zweifel wird ein Blutserumtest angeordnet. Atosil (Promethazin) hat einen geringen Analytenanteil im Urin, wird daher nicht als Substanzenmißbrauch deklariert werden.

Liebe Grüße
Christiane

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